Prof. Martin Spitzer, Hamburg

„Vor allem sehr neuartige Ideen oder unkonventionelle Projekte haben es oftmals schwer, eine Förderung zu erhalten. Das Förderprogramm könnte jungen Forschern helfen eigene Wege zu gehen.“
Prof. Martin Spitzer
Prof. Martin Spitzer, Klinikdirektor Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde,
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Interview:
Herr Prof. Spitzer, in der Vergangenheit haben Erfindungen deutscher Experten der Augenheilkunde entscheidende Impulse gegeben. Welche sind für Sie auch heute noch von wegweisender Bedeutung?
Hierzu gehören sicher die Einführung der Photokoagulation durch Meyer-Schwickerath wodurch die Grundlage für die Lasertherapie der Netzhaut geschaffen wurde, aber auch die Entwicklung der Vitrektomie durch Machemer oder die Kapsulorhexis durch Neuhann.
Sehen Sie aktuell bahnbrechende Entwicklungen in der Augenheilkunde, die mit den Erfindungen der Vergangenheit schritthalten können?
Die rasante Weiterentwicklung neuer Bildgebungstechnologien wie der optischen Kohärenztomographie (OCT) ist faszinierend. In den letzten Jahren waren zudem die Einführung der Anti-VEGF-Therapie für die Behandlung zahlreicher Netzhauterkrankungen sowie das Aufkommen neuer lamellärer Hornhauttransplantationstechniken bedeutende Innovationen. Spannend wird bleiben, ob Gentherapie und retinale Prothesen die Hoffnungen erfüllen, die durch diese neuen Ansätze geweckt werden.
Sie engagieren sich in der unabhängigen Expertenkommission des Deutschen Förderprogramms für Augenheilkunde von Bayer. Wie stufen Sie selbst die Bedeutung dieses Förderprogramms ein und was ist Ihre Erwartung?
Vor allem sehr neuartige Ideen oder unkonventionelle Projekte haben es oftmals schwer, eine Förderung zu erhalten. Das Förderprogramm könnte jungen Forschern helfen eigene Wege zu gehen.
Welchen Stellenwert hat die Forschung im Alltag einer heutigen universitären Augenklinik?
Das hängt sehr von der Struktur und der Ausstattung aber auch von der „Forschungskultur“ der jeweiligen Einrichtung ab. Die Universitätsaugenkliniken bieten die Möglichkeit des Brückenschlags zwischen Grundlagenforschung, angewandter Forschung und Klinik. Diese Verbindung könnte mit den richtigen Köpfen und dem nötigen Quäntchen Glück die Keimzelle für neue und bessere Therapieansätze sein.
Wie ist Ihre Erwartung bzgl. möglicher Innovationen innerhalb der Augenheilkunde in den kommenden fünf Jahren?
Die nicht-invasive Bildgebung sowie die Lasertechnologie werden sich rasant weiter entwickeln. Zunehmend intelligentere Software wird bei der Diagnose v.a. seltenerer Erkrankungen zum Einsatz kommen. Besondere Hoffnungen setze ich auf Verbesserungen im Bereich des Drug Delivery. Der Gentherapie wünsche ich den Durchbruch bei verschiedenen erblichen Erkrankungen des Auges und hoffe, dass die großen Erwartungen nicht enttäuscht werden. Die Stammzelltherapie wird sich hoffentlich ebenfalls weiterentwickeln, aber noch nicht in größerem Stil klinisch zum Einsatz kommen.